2020 – WTF!?

2020 – WTF!?

Waldbrände in Australien, CORONA (!!!), Rassismus-Debatte – kann ein Jahr verrückter und turbulenter sein als dieses!? Ich glaube nicht. In diesem Beitrag geht’s darum, wie ich mit all dem derzeit umgehe und wie es mein Skin Picking Verhalten beeinflusst hat.

Im März dachte ich noch „What a crazy year this month has been“. Dank Corona wurden wir zur Vollbremsung gezwungen, die Welt stand plötzlich still. Leere Straßen, Menschen mit Masken, alle zuhause und gefühlt immer neue Nachrichten rund um die Uhr. Keiner konnte sich am Anfang vorstellen, was für Ausmaße diese Pandemie annimmt. 

Auch ich nicht. Und hier kommen wir zu meinem ersten sehr starken Trigger-Punkt. Es fällt mir unheimlich schwer, Dinge nicht planen zu können. „Einfach mal auf mich zukommen lassen“ gibt es in meinem Leben fast nie. Alles ist zumindest grob geplant, die Wochenenden meist lange im Voraus „ausgebucht“ und auch unter der Woche bin ich von einem zum nächsten Termin gehetzt – zumindest kann ich das rückblickend zu sagen, denn in dem Moment hat es sich oft nicht nach „Gehetzt sein“ angefühlt. Und so stoppte auch mein „Hamsterrad“ ganz plötzlich. Von heute auf morgen saß ich im Homeoffice und in meiner Freizeit die meiste Zeit auf der Couch und habe das Weltgeschehen verfolgt. Alle meine Routinen waren über Bord geworfen, alles, was gestern galt, galt heute und erst recht morgen nicht mehr. Alle 1-2 Wochen neue Infos von der Bundesregierung, wie wir uns ab nun zu verhalten haben. Und in meinem Kopf: Zuerst Chaos, dann eine unheimliche Ruhe. 

Ja, ihr habt richtig gelesen: RUHE. Ich hatte das Gefühl, das Hintergrundrauschen hörte auf einmal auf. Der leere Terminplan war doch nicht so beängstigend, wie ich immer dachte, sondern sehr befreiend. Die Zeit im Homeoffice hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten gut eingeordnet. Ich habe neue Routinen entwickelt. Und irgendwie tat mir diese viele Zeit zuhause gut.

Das war im März.

Der April - Mein Skin Picking nimmt wieder volle Fahrt auf

Im April haben wir dann bei der Arbeit die vollen Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen. Wir sind bereits im März in Kurzarbeit gegangen, im April stand aber fest, dass das nicht reicht. Dass Leute gehen müssen. Und als Teil der Unternehmensführung musste ich das erste Mal in meinem Leben mit entscheiden, wer gehen muss. Das hat mich schonmal ganz schön durcheinander gewirbelt. 

Als absehbar war, dass Corona nun erstmal für längere Zeit zu unserem Alltag gehört, kam das Thema „Kündigungen“ immer wieder auf. Und damit auch eine extrem emotionale Krise für mich. Denn es ging konkret um meinen Job. Ich arbeite in der Werbebranche und leider ist dies auch oft das erste Budget, welches bei Unternehmen bei Krisen eingestrichen wird. Zudem bin ich als Strategin eine „Luxusstelle“, die zwar notwendig, aber nicht unersetzbar ist. So saß ich also zusammen mit meinen Kollegen aus der Unternehmensführung und wir haben über Lösungen und Möglichkeiten gesprochen – und so auch immer wieder darüber, ob wir meine Stelle derzeit gerade bestehen lassen können oder eben nicht. Ich meine, stellt euch das mal vor: Ihr habt quasi selber die Verantwortung, die Entscheidung zu treffen, ob ihr selbst gehen müsst oder nicht. Das ist eine Entscheidung, die man niemals objektiv treffen kann.

Im emotionalen Ausnahmezustand

Und so hat mich diese Diskussion emotional sehr mitgenommen. Rational gesehen war alles super. Ich habe einen Notgroschen angespart (danke Madame Moneypenny!), mein Freund hat als Offizier ein gutes Einkommen und einen festen Job und auch sonst wäre das alles zu wuppen gewesen.

Aber emotional kamen bei mir wieder Dinge hoch, die auch Teil meiner Therapie waren. Vor allem das Thema Geld, welches bei mir einen starken Zusammenhang zu „Sicherheit“ hat (ergo: Je mehr Geld, desto mehr Sicherheit und umgekehrt) hat mich ziemlich beschäftigt. Denn das Arbeitslosengeld ist ja nur ein kleiner Teil meines sonstigen Einkommens. Außerdem war ich das erste Mal damit konfrontiert, wer ich ohne Job bzw. ohne die Karriere bin, die ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe. Ich definiere mich nunmal sehr stark über das, was ich beruflich tue und leiste. 

Es gab zum Glück eine andere Lösung als Kündigung, nämlich dass ich mit der Kurzarbeit auf 100% gehe und immer dann, wenn ich gebraucht werde, diese Stunden auch bezahlt bekomme. 

Nichtsdestotrotz war vor allem diese Situation der Auslöser für einen im Vergleich zu den letzten Monaten starken Rückfall, was das Knibbeln angeht. Ich habe fast jeden Finger bearbeitet, meine Kopfhaut nach Pickelchen abgesucht und aufgekratzt, an meinen Füßen rumgepult und vor allem an meinen Oberarmen rumgequetscht. Hinzu kam ja auch, dass ich den ganzen Tag zuhause war und die „soziale Kontrolle“, die unbewusst durch die Anwesenheit von Kolleg*innen und Co vorhanden ist, komplett weggefallen ist.n

Everything's gonna be okay!

Ich hatte ja im letzten Blogbeitrag geschrieben, dass ich mir eine Therapiestunde „aufgespart“ habe. Zum Glück habe ich schon vor Corona einen Termin vereinbart, denn den hatte ich jetzt dringend nötig. 

Auch wenn ich irgendwann die Situation für mich annehmen konnte und dadurch wieder Ruhe eingekehrt ist und ich die Situation auch irgendwann richtig genossen habe, so bin ich vom Knibbeln nicht mehr weggekommen. 

Gefühlt gab es, nachdem ich einmal angefangen hatte, kein Zurück mehr. Und was noch viel schlimmer war: Ich hatte ein wahnsinnig großes Gefühl des „Versagens“. Nach all dem, was ich in dem letzten Jahr geschafft habe, hatte ich das Gefühl, wieder von vorne anzufangen. Glaubt mir, für einen Leistungsmenschen wie mich keine schöne Situation. Ich hatte auch schon länger mit dem Gedanken gespielt, mir wieder Gelnägel zu machen, allerdings fühlte sich das dann nach vollständiger „Kapitulation“ an. 

Eine Therapiestunde, die wie gerufen kam

Und so saß ich also Mitte Mai bei meiner Therapeutin und versuchte, in einer Stunde all das zusammenzufassen, was in den Wochen davor passiert ist. Als ich ihr sagte, dass ich überlege, mir wieder Gelnägel zu machen, dass das aber mit einem „Versagensgefühl“ einhergeht, nahm mir meine Therapeutin mit einem Satz die gesamte Last von meinen Schultern: „Die Gelnägel sind als Strategie genauso wertvoll wie Ihre morgendliche Meditation. Sehen Sie sie wirklich einfach als das: Als eine der Strategien, die Ihnen hilft. Nicht mehr und nicht weniger.“ Und außerdem sagte sie noch: „Es wird immer Phasen geben, wo es mal besser und mal schlechter ist. Und glauben Sie mir – die derzeitige Situation ist für viele ein Ausnahmezustand. Es ist völlig legitim, dass sie derzeit wieder verstärkt an Ihrer Haut arbeiten, weil diese Phase nunmal sehr viele Trigger bei Ihnen anspricht, die wir im letzten Jahr herausgefunden haben. Seien Sie da nicht so streng mit sich!“.

Es liegt einfach so auf der Hand, was sie sagt, dennoch musste ich das erstmal von ihr hören, um diese Phase anzunehmen. Und so ging meine nun wirklich letzte Therapie-Stunde zu Ende. Meiner Therapeutin habe ich ein kleines Abschiedsgeschenk gemacht und auch sie sagte mir, dass sie sich freuen würde, auch in Zukunft mal von mir zu hören. Und dass Akut-Sprechstunden jederzeit auch von der Krankenkasse bewilligt werden können, falls ich Bedarf habe. 

Was noch? Kreativitäts-Explosion!

Ich habe ja schon weiter oben geschrieben, dass ich die Situation annehmen konnte. Das ist eine riesen Untertreibung, denn durch die viele freie Zeit habe ich eine alte Leidenschaft entdeckt, die mir unfassbar viel bei meiner Skin Picking Thematik hilft: Handarbeit!

Durch Zufall bin ich über ein DIY Makramée Video gestolpert , habe mir Garn bestellt und war sofort süchtig. Mein Kopf ist quasi vor Ideen explodiert und so habe ich Tag für Tag ein neues Makramée geknüpft. Der große Vorteil hierbei: Meine Finger und Hände waren ständig beschäftigt! 

Ob große Wandhänger, Windlichter, Schlüsselanhänger, und und und – irgendwas gab es gerade immer zu knüpfen. 

Und so habe ich dann auch direkt ein Kleingewerbe angemeldet, einen Etsy-Shop eröffnet und meine ersten Verkäufe verzeichnen können. Ihr glaubt gar nicht, was für ein unfassbar geniales Gefühl das ist, diesen kreativen Flow, den ich schon so lange vermisst habe, wiederzufinden. Na klar ist meine Situation durch die Kurzarbeit angespannt, aber ich habe nach Jahren ENDLICH mal wieder Zeit, Dinge mit meinen Händen zu erschaffen und meiner Kreativität Ausdruck zu verleihen. 

Schaut doch gerne mal bei meiner Instagram-Seite vorbei: https://www.instagram.com/happy_makramee/

Und was machen die Gelnägel?

Ich habe mir wieder welche selbst gemacht. Es ist einfach für mich die beste Strategie, um meiner kaputten Haut so viel  Zeit zu verschaffen, dass sie in Ruhe heilen kann. Und durch Zufall bin ich auch auf eine neue Methode gestoßen, die mir das Nägel machen so stark vereinfacht: Dipping Powder Nails! Was ein Zauberzeug, sag ich euch! So brauche ich statt 3 Stunden nur noch eine und die Nägel halten 3-4 Wochen. Und es ist gleichzeitig noch viel besser für die Nägel. 

Ende gut, alles gut?

 

Leider nicht, denn natürlich wissen wir immer noch nicht, wann es einen Impfstoff gibt und so lange bleibt die Unsicherheit. Klar, man hat mittlerweile gelernt, mit der neuen Situation umzugehen. Aber wir wissen noch nicht genau, welche wirtschaftlichen Auswirkungen diese Pandemie tatsächlich nach sich zieht. Ich weiß nicht, wie lange die Phase der Kurzarbeit noch andauern wird. Oder ob ich nicht doch noch gekündigt werde. Wie schnell ich dann wieder einen neuen Job finde, und und und. Aber was mich diese Zeit gerade sehr gelehrt hat ist: „Einfach mal auf sich zukommen zu lassen“ ist auch mal gut. Das auszuhalten ist auch mal gut. Und meistens geht es ja auch irgendwie weiter. Wir sitzen alle zusammen in einem Boot!
Also gebt auf euch und die Menschen um euch herum acht. Haltet euch an die Vorgaben und genießt den doch etwas anderen Sommer in diesem Jahr. 

Alles Liebe, 

eure Antj

Antje

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